Der lange Weg des „Klugscheißers“
Fast zehn Jahre hat es gedauert, bis ich einen Verlag für meinen „Klugscheißer“ fand. Ein aufmunternder Bericht für alle angehenden Autorinnen und Autoren, die glauben, dass eine Veröffentlichung bei den großen Publikumsverlagen unmöglich ist.
01. August 2018

Bis man als angehender Autor einen Verlag für seinen ersten Roman findet, kann es unter Umständen sehr lange dauern: Von J.K. Rowling wissen wir beispielsweise, dass ihr Agent über ein Jahr brauchte, um einen Buchverlag für „Harry Potter“ zu finden. John Grishams „Die Jury“ wurde von fünfzehn Agenten und später von doppelt so vielen Verlegern abgelehnt, bevor es zu einer Veröffentlichung kam.

Aber es geht auch anders: Kerstin Gier wiederum brachte ihr Manuskript für „Männer und andere Katastrophen“ persönlich bei Bastei Lübbe vorbei und erhielt bereits am darauffolgenden Tag einen Anruf. Ein wenig länger hat es bei meinem ersten Roman „Klugscheißer Royale“ dann doch gedauert – um genau zu sein 3.285 Mal länger (aber wer zählt schon mit?). Denn es hat ganze neun Jahre in Anspruch genommen, bis mein Erstlingswerk endlich veröffentlicht wurde. Aber der Reihe nach...

Ein reines Spaßprojekt
Es war Sommer 2009 und zum ersten Mal seit langem standen für mich keine Prüfungen, keine Praktika und keine sonstigen Projekte an, sondern ich hatte tatsächlich ein wenig Zeit für mich selbst. Ich fragte mich also, wie ich die kommenden Wochen sinnvoll nutzen könnte. Kurzerhand entschied ich mich für die eine Sache, die ich seit Ewigkeiten immer wieder aufschieben musste: einen Roman zu schreiben.

Von heute auf morgen setzte ich mich also an den Computer und fing an zu tippen – völlig ohne Plan, ohne Konzept, ohne Handlungsstrang und ohne zu wissen, wie meine Geschichte ausgehen würde. Heutzutage weiß ich, dass dies eine sehr naive Herangehensweise war und ich beginne Buchprojekte inzwischen anders, aber damals – im Sommer 2009 – ging ich völlig unverkrampft an die Sache heran. Für mich war das Buch ein reines Spaßprojekt.

Einerseits glaube ich, dass genau diese Unbeschwertheit dazu geführt hat, dass der „Klugscheißer“ so originell und witzig wurde, wie er heute ist. Andererseits könnte sie auch der Grund dafür sein, wieso es in den kommenden Jahren so schwer war, einen Verlag für diesen Roman zu finden.

Jede Menge Absagen
Denn nachdem ich mein Manuskript fertiggestellt hatte, entschied ich mich tatsächlich dafür, es einigen Verlagen anzubieten, aber das große Interesse blieb aus. Es folgten jede Menge Absagen: Man teilte mir mit, dass die Programmplätze für Männerkomödien zu rar seien; dass mein Skript zwar „super lustig“, der Markt hierfür aber nicht groß genug sei; und dass der Titel „spitze“ klänge, es aber schon zu viele Vergleichstitel gäbe.

Immerhin waren es größtenteils positive Rückmeldungen, sodass ich nicht aufgab und weiterhin nach Interessenten suchte. Durch einen anderen Autor wurde ich schließlich an eine Literaturagentur vermittelt, die mich unter Vertrag nahm. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte ich keinerlei Ahnung, dass es so etwas wie Manager für Autoren (= Literaturagenten) überhaupt gab. Mein Buch wurde kurzerhand lektoriert und erneut allen gängigen Verlagen angeboten. Das Ergebnis war jedoch leider dasselbe: Viele fanden das Skript gut, aber keiner wollte es kaufen.

Fortbildung
Und so verschwand der „Klugscheißer“ tatsächlich erst einmal in einer Schublade. Inzwischen waren bereits gute zwei Jahre vergangen und es sollten weitere sechs Jahre verstreichen, bis ich begann, wieder zu schreiben - vor allem, weil ich beruflich sehr eingespannt war. Ich nutzte die Zeit immerhin, dutzende Bücher zum Thema Schreiben und Plotten zu lesen.

Viele Jahre später
Letztes Jahr begann ich endlich wieder aktiv zu schreiben. Diesmal arbeitete ich strukturierter und wandte all die Dinge an, die ich in den vorherigen Jahren gelernt hatte. Und in der Tat: Innerhalb weniger Wochen war mein erster Jugendroman beendet und ich dachte mir, ich könnte es doch noch einmal probieren, hierfür einen Verleger zu finden. Viel Hoffnung hatte ich nicht, aber zumindest wusste ich inzwischen, dass es mehr Sinn machte, das Skript zunächst bei Literaturagenturen anzubieten anstatt bei Verlagen direkt.

Interesse von mehreren Agenten
In den kommenden Monaten überschlugen sich die Ereignisse dann: Insgesamt drei Agenturen hatten Interesse an meinem Jugendbuch, nach wenigen Wochen unterschrieb ich schon einen Vertrag und nach kurzer Zeit war das Buch bereits an einen Verlag vermittelt. Es wird 2019 in einer bekannten Buchreihe erscheinen.

Worum geht es denn da?
Während eines Gesprächs mit meinem Agenten kam die Sprache irgendwann auf meine schriftstellerischen Anfänge und somit auch auf den „Klugscheißer“. Ich erzählte ihm, dass ich zuvor schon mal bei einer Agentur unter Vertrag gestanden hatte. Am Telefon bat er mich, ihm kurz zu sagen, worum es in diesem Roman gehe. Da ich völlig unvorbereitet war, stammelte und stotterte ich mich durch die Handlung, so gut ich sie selbst noch nach all den Jahren in Erinnerung hatte. Dementsprechend verhalten war das Interesse meines Agenten. Er bat mich trotzdem, ihm das Skript einmal zuzusenden. „Ich kann Ihnen allerdings nichts versprechen!“, meinte er. Wenige Tage später meldete er sich bei mir und meinte, er könnte sich vorstellen, dass ein bestimmter Verlag Interesse an solch einer Art Buch hätte.

Und tatsächlich – es gab eine positive Rückmeldung. Also aktualisierte ich in den kommenden Wochen mein Manuskript, denn an einigen Stellen merkte man dem Skript doch sein Alter an. Manche Witze entsprachen einfach nicht mehr dem Zeitgeist.

Der „Klugscheißer“ wird doch noch veröffentlicht!
Im Januar 2018 kam dann die endgültige Zusage, dass der Verlag meinen „Klugscheißer“ ins Programm aufnehmen wolle. Ich konnte es kaum glauben! Nach mehr als achteinhalb Jahren würde mein erster Roman also doch noch erscheinen!

Mein Agent hatte das Skript allerdings noch zwei weiteren Verlagen angeboten, die er nun über das vorliegende Angebote informierte. Wenige Tage später verkündete tatsächlich Piper sein Interesse. Beide Angebote waren verlockend und wir verbrachten die kommenden Wochen damit abzuwägen, für welchen Verlag wir uns entscheiden sollten. Die ganze Zeit über hatte ich nur die Befürchtung, ich könnte irgendwann aufwachen und hätte das Ganze nur geträumt.

Überarbeiten, überarbeiten, überarbeiten
Stattdessen folgte eine aufregende Zeit, in der ich miterleben konnte, wie ein Buch entsteht: Anfang März unterschrieb ich den Vertrag bei Piper, es folgte eine redaktionelle (inhaltliche) Überarbeitung des Manuskripts und später eine sprachliche. Zwischendurch kümmerten wir uns um das Buchcover und nun, im August 2018, ist der „Klugscheißer“ endlich als Taschenbuch und E-Book verfügbar. Etwa genau neun Jahre später, nachdem ich ihn geschrieben habe. Irgendwie ist das wie ein kleines Wunder (zumindest für mich). Irgendwie kaum zu glauben.
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Kommentare

Julia schrieb am 26.07.2023:

Ich habe gerade alle drei Teile der Lehrer-Seidel-Romane in Rekordgeschwindigkeit gelesen. Der Artikel hier zum ersten Teil war wahnsinnig interessant. Unglaublich, dass er fast gar nicht erschienen wäre und dann nach so vielen Jahren nur durch Zufall. Was für ein Glück! Und wie schön, dass es direkt zwei Fortsetzungen gab. Ich habe sie geliebt, alle drei, den letzten Teil fand ich am besten!

Vielen, vielen Dank fürs Kompliment. Ja, die Veröffentlichungsgeschichte des „Klugscheißers“ ist wirklich ungewöhnlich, aber auch ein gutes Beispiel dafür, dass man niemals aufgeben sollte.




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Über den Autor: Thorsten Steffens

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